Dem ist kaum etwas hinzuzufügen: Wir sind nicht alle gleich, als Menschen. Aber wir urteilen oft so, als wären wir es… Hier Arzt und Kabarettist Dr. Eckart von Hirschhausens kleine Geschichte zum Thema…
Gefühle – Emotionen – Corona – Gefühle ‚Lernen‘
Gefühle und Emotionen sind in der Psychologie per definitionem nicht dasselbe.
Emotionen werden die 5 Grundempfindungen genannt, die in der Psychologie identifiziert wurden. Sie sind allen Menschen eigen und universal.
Gefühle sind detaillierter und vielschichtiger. Sie sind auch Forschungsgebiete der Sozialwissenschaft und der Anthropologie, bezogen auf Ausdruck und Merkmale in den jeweiligen Kulturen.
Der Umgang mit Gefühlen ist nicht immer einfach: Wir werden als Menschen früh, sehr früh, konditioniert und sozial geprägt. Das ist auch gut so, denn ohne die Prägung der Gesellschaft um uns würden wir an Leib und Seele quasi verkümmern und zu einem Fall werden, wie er in der deutschen Literatur durch den Fall Kaspar Hauser schon im 19. Jahrhundert bekannt wurde.
Geschlecht und Gefühle
Es bedeutet aber auch, dass abhängig von Geschlecht, Machtposition, Alter und Familienstand, sowie Rolle im Alltag bestimmte Gefühle zugelassen sind. Andere nicht.
Das klassische und einleuchtendste Beispiel ist der Unterschied darin, wie Männern und Frauen in westlichen Gesellschaften Wut ‚gestattet‘ ist:
Noch immer gilt die Prämisse, Frauen sollten lieb, anschmiegsam und gefühlvoll, vielleicht auch lächelnd und zugleich sanft und ’nährend‘ sein. Aber die wütende Frau wurde schon im Altertum und in der frühen Neuzeit oft als ‚Furie‘ oder ‚Drachen‘ verunglimpft.
Ein wütender Mann dagegen gilt meist als männlich, durchsetzungsstark und sehr respektabel.
Andersherum ist tragischer Weise Männern Angst als Gefühl nicht gestattet. Das heißt, auch wenn sie diese heftig empfinden, dürfen sie das meist nicht zeigen. In vielen sozialen und gesellschaftlichen Gruppen werden sie sonst sofort mindestens zeitweise aus der Gruppe isoliert, um nicht zu sagen, ausgestoßen.
Gefühle im ‚Untergrund‘
Die Tatsache, dass Gefühle so stark unterdrückt werden, von Kindheit an, dass ein Mensch diese gar nicht mehr bewusst empfindet, hat Sigmund Freud als erster zu einem großen und anerkannten Teil der psychologischen Forschung gemacht.
Den Umgang mit solchen unterdrückten Gefühlen wieder oder neu zu lernen, könnte ein Schritt auf dem Weg zur Heilung bei Gewalt gegen Frauen sein. Denn Angst und Unsicherheit, die ein Mann gesellschaftlich nicht empfinden darf, obwohl er als Mensch diese auch immer wieder hat, naturgegeben, ist ein Teil der Tragödie von Gewalt gegen und Mord an Frauen.
Manipulation auf Seiten der Unterdrückten
Es sollte aber auch nicht unerwähnt bleiben, dass es ein anderes klassisches Merkmal des unterdrückten Teils eines oder mehrerer Teile einer Gruppe oder Konstellation (Paar, Familie, Gruppe von Freunden, berufliche Zusammenhänge, u.ä.) ist, dass diese oftmals zu Mitteln der Manipulation verbaler und nonverbaler Art greifen. Das kann leider sehr perfide werden und wird in seiner Wirkung von außenstehenden, ungeschulten Menschen vielfach unterschätzt.
Fazit und Ausblick
Ein Blog-Eintrag wie dieser kann allenfalls einen kurzen Überblick und Eindruck verschaffen.
Er kann weder den Besuch beim Psychologen noch das vertraute Gespräch mit anderen Fachpersonen oder Freunden ersetzen!
Ich bin in der glücklichen Lage, als Frau und junges Mädchen von gebildeten und klugen Eltern erzogen worden zu sein. Sie haben mir nicht nur die ‚Relativität der Geschlechterrollen‘ schon früh nahe gebracht. Ich habe durch weitere Lektüre, Gespräche und Yoga, Jiu-Jitsu (eine Kunst der Selbstverteidigung) und intensive Weiterbildung einen produktiven Umgang mit teils sehr heftigen Gefühlen eines angeborenen, leidenschaftlichen Temperaments gelernt.
Konkret nutze ich beispielsweise bewusst Momente, in denen ich allein bin – oder mich allein wähne – um das zu tun was man landläufig ‚Dampf ablassen‘ nennt. Ob Fluchen oder laut Schimpfen, oder auf’s Kissen klopfen, all‘ das hilft mir, Wut oder gelegentliche Frustration zu kanalisieren.
Ähnlich bei Trauer oder Kummer und dazugehörigem Weinen: Ich kann sie herauslassen, ich habe sie in und mit mir kennen gelernt.
Ich kenne ihre körperlich spürbare Wucht – und ihr ‚Ende‘.
Dadurch kann ich auch immer wieder aus tiefem Herzen lachen!
Denn wenn die Kanäle für bestimmte Gefühle, wie Wut, Trauer oder Angst, verstopft sind, kann auch das Lachen nicht heraus. Oder nicht so gut.
Ein persisches Sprichwort drückt das etwa so aus:
„Wenn der Regen meines Kummers bis zum Saum meines Gewandes getropft ist, kann auch die Sonne wieder scheinen.“