Freundschaft ist ein scheinbar einfaches, freundliches Wort. Als wäre auch die Sache, die damit gemeint ist, einfach.
Aber was ist Freundschaft? Wie findet man sie, wie entsteht sie? Warum brauchen wir sie – vielleicht?
Menschen sind ‚Herdentiere‘ – ohne Gemeinschaft um uns sind wir sehr gefordert, in vielen Fällen würden wir vielleicht regelrecht ‚verkümmern‘.
Gemeinschaft kann sehr ambivalent sein in ihren Wirkungen und Implikationen: Wird sie zu rigide, müssen individuelle Regungen und Fähigkeiten ständig unterdrückt werden. Ist sie zu wenig verpflichtend, kann der menschliche Zug von Neid und Missgunst ungebremst ausgelebt werden und zerstörerisch wirken. Anmerkung: Dies enthält das Konzept, dass Menschen immer das Potenzial zu beidem haben, ‚Gut‘ oder ‚Böse‘, das heißt, Erwachsene, die ‚voll geschäftsfähig‘ sind, sodass immer eine (bewusste) Entscheidung zum einen oder anderen vorausgeht.
Mit anderen Worten, Gemeinschaft ist wichtig. Aber auch die Möglichkeit, sich auszutauschen, Bestätigung zu finden – der eigenen Ideen, Sichtweisen und Bedürfnisse.
Hier kommt Freundschaft ins Spiel: Freunde sind Menschen, die uns verstehen, die uns mögen und mit denen wir unsere Interessen teilen können. Die uns unterstützen, nach ihren Möglichkeiten – und uns trösten, wenn das Leben hart ist.
Darum kann es schwer sein, gute Freunde zu finden: Denn je nach Vorbildung und Erfahrung ist gegenseitiges Verstehen eine Voraussetzung, um Freundschaft zu bilden, zu ‚bauen‘. Mit Geduld – und Güte.
Es gibt eine Geschichte aus dem Tierreich, die auf das Leben der Menschen angewendet wird:
Putenküken werden von der Putenmutter aufgezogen und behütet durch das Piepsen und Jammern, das sie in regelmäßigen Abständen ausstoßen. Dadurch signalisieren sie ihr, dass sie zur Herde gehören – nicht etwa fremde Vögel sind.
Wenn ein Putenküken sich nicht beschwert, nicht piepst oder jammert, wird es von seiner eigenen Mutter durch Schnabelhiebe getötet.
Es soll dieses Verhalten unter Menschen auch geben: Wenn sich jemand nicht beschwert oder jammert, wird das als fremdartig empfunden – und in manchen Fällen sehr streng geahndet. Das kann Feindseligkeit sein, Absonderung – oder auch Ausstoß aus der Gemeinschaft…
Allerdings war ich immer der Überzeugung, dass Menschen zu mehr in der Lage sein sollten, als tierisches Verhalten zu imitieren…
Dass das Leben kein Spaziergang ist, können wir schon im Kindergarten und in der Schule lernen; und auch aus den Geschichten, den guten und den anderen. Märchen sind voll davon.
Dennoch: Man kann Erwartungen hegen. Charles Dickens hat einen seiner Romane so genannt: „Great Expectations“ Aber auch und gerade er, wie so viele wunderbare Schriftsteller mit Herz und Verstand, wusste nicht nur wie das Leben sein kann – nämlich hart. Er war auch einer von denen, der zeigte, was es schöner macht. Die Güte, Liebe und – das Durchhaltevermögen.
Ich bin der festen Überzeugung, dass wir im Leben schweren Zeiten oder auch Sorgen und Ängsten damit entgegen wirken können:
Mit Güte, uns selbst gegenüber, Liebe, für uns selbst und andere – und all den großen und kleinen Dingen, die man mit gütigen und liebevollen Menschen tun oder erleben kann.
Freude, Lachen – und gute Gespräche.
Ob man jemanden freundlichen Auges oder mit negativen Grundgedanken betrachtet, macht einen riesigen Unterschied, nicht nur, aber auch im Alltag. Paul Watzlawick ist führender Kommunikationswissenschaftler — und Österreicher. Sein populärwissenschaftliches Buch „Anleitung zum Unglücklichsein“ hat viele Auflagenrekorde gebrochen, zu Recht.
Zitat:
„Die Geschichte
mit dem Hammer
Ein Mann will ein Bild aufhängen. Den Nagel hat er, nicht aber den Hammer. Der Nachbar hat einen. Also beschließt unser Mann, hinüberzugehen und ihn auszuborgen. Doch da kommt ihm ein Zweifel: Was, wenn der Nachbar mir den Hammer nicht leihen will? Gestern schon grüßte er mich nur so flüchtig. Vielleicht war er in Eile. Aber vielleicht war die Eile nur vorgeschützt, und er hat etwas gegen mich. Und was? Ich habe ihm nichts angetan; der bildet sich da etwas ein. Wenn jemand von mir ein Werkzeug borgen wollte, ich gäbe es ihm sofort. Und warum er nicht? Wie kann man einem Mitmenschen einen so einfachen Gefallen abschlagen? Leute wie dieser Kerl vergiften einem das Leben. Und dann bildet er sich noch ein, ich sei auf ihn angewiesen. Bloß weil er einen Hammer hat. Jetzt reicht’s mir wirklich. – Und so stürmt er hinüber, läutet, der Nachbar öffnet, doch noch bevor er »Guten Tag« sagen kann, schreit ihn unser Mann an: »Behalten Sie sich Ihren Hammer, Sie Rüpel!«
Die Wirkung ist großartig, die Technik verhältnismäßig einfach, wenn auch keineswegs neu. Schon Ovid beschrieb sie in seiner Liebeskunst – wenn auch leider nur im positiven Sinne: »Rede dir ein, du liebst, wo du flüchtig begehrest. Glaub es dann selbst … Aufrichtig liebt, wem’s gelang, sich selbst in Feuer zu sprechen.«
(Quelle: Paul Watzlawick, Anleitung zum Unglücklichsein, Piper Verlag, 2010)
Die Toleranz ist tatsächlich kein leichtes Thema. Dass sie erst in der Neuzeit definiert wurde, ist nicht verwunderlich: Sie gehört wohl eigentlich integral zur bürgerlichen Gesellschaft: Demokratie, das ‚Herrschen einer Gruppe‘ statt eines Einzelnen kann nur dadurch gerechtfertigt werden:
Der Einzelne zählt.
Die Verschiedenheit ist dabei kein Hinderungsgrund.
Denn sonst würde man zum Herrschen des Einzelnen und des ‚einen Prinzips‘ zurück finden müssen.
Toleranz hieß im Lateinischen ursprünglich ‚erdulden, ertragen‘.
Das kann wichtig sein: etwas auszuhalten, das man nicht mag oder nicht angenehm findet.
Denn ob es religiöse Überzeugungen sind oder politische, etwa das konservative Lager (das ich aushalte 😉 ) oder auch Meinungen, die noch weit ‚rechter‘ davon stehen: Sie sind als Meinung zunächst auszuhalten.
Allerdings sind die Grenzen dann erreicht, wenn grundlegende, als gut erkannte Werte in Gefahr geraten: Das sind die Menschenrechte.
Menschenrechtsverletzende Meinungen dürfen nicht unwidersprochen bleiben.
Taten und Handlungen, die ‚das Andere‘ ausgrenzen und verletzen, müssen auf Grundlage eines bürgerlichen, verlässlichen und bindenden Rechtssystems unterbunden und gegebenenfalls auch geahndet werden.
Toleranz angesichts von Hasspostings oder Verfolgung(en) oder Ausgrenzungen oder physischer oder psychischer Verletzungen — ist nicht ok.
Intoleranz ‚nur‘ aufgrund einer als irritierend oder auch ärgerlich empfundenen Andersartigkeit — ist nicht ok.
„Menschenkenntnis kommt von ‚Menschen‘ und ‚kennen‘.“ Das ist einfach, klar. Aber es reicht nicht immer aus, wenn man sich wundert…? Warum passiert dies oder jenes? Warum ist ein Mensch so — oder verhält sich auf eine bestimmte Weise?
Was ist „Neusein“? Neusein soll hier heißen: In einer neuen Umgebung ankommen und sich bekannt machen, für und mit anderen Menschen.
Es ist manchmal einfach nur die Erfahrung: Wenn man wie ich durch Studium und Arbeits- und Familienleben über Jahre parallel teils 3 Arbeitsstellen versehen hat — und im mittleren Alter eine tatsächliche Anzahl von 22 Zeugnissen und Zertifikaten sein eigen nennt, dann ist so gut wie nichts mehr im menschlichen Leben neu — oder merkwürdig.
Aber anderen Menschen geht es natürlich nicht genauso.
Wenn man in eine neue Umgebung kommt, was passiert als erstes? Man lernt andere Menschen kennen.
Wie lernt man Menschen kennen? Indem man mit ihnen spricht — aber mehr noch, indem man mit ihnen zusammen lebt — oder arbeitet.
Denn:
Menschen nutzen Sprache für alles Mögliche — aber die Wahrheit kann zu Zeiten sehr anders als das gesprochene Wort sein. Das ist aus Sicht der Psychologen und Kommunikationswissenschaftler auch nicht überraschend, denn je nach Erziehung und Herkunft und Erfahrungen wird Sprache auch dazu genutzt, sich selbst ins bestmögliche Licht zu rücken, oder was jeweils dafür gehalten wird.
Vieles, das an einem Menschen wichtig sein kann, wird nicht gesprochen, aus dem gleichen Grund.
Darum habe ich versucht, mir die Erkenntnis zu eigen zu machen: „An ihren Taten sollt Ihr sie erkennen.“ Ich warte ab, was geschieht; ob das was gesprochen wurde, sich als wahr erweist.
Und es gibt durch diese Erfahrungen für mich ein ganz entscheidendes Prinzip, das ich für mich als wichtig erkannt habe: Ich finde „das Neusein“ keinen erstrebenswerten Zustand.
Es soll Menschen geben, die glauben, man müsse oft an anderen Stellen leben oder arbeiten, um es interessant zu haben.
Ich kann dem nicht zustimmen:
Ob das Leben ‚langweilig‘ sei, hängt entscheidend davon ab, wie wir damit umgehen. Ich habe das Glück, eine Tätigkeit auszuüben, die mir Freude macht.
Ich habe auch das Glück, eine gute Schul- und Universitätsbildung sowie Kinderstube genossen zu haben.
Langeweile kommt bei mir nicht auf, weil ich gelernt habe, mich zu beschäftigen, seien es Handarbeiten — oder Studienthemen, die mich interessieren. Das kann die Frage sein, warum eine Sauce eindickt — oder nicht… oder die Frage, warum es immer noch Menschen gibt, die an Krieg ‚glauben‘.
Wenn man neu irgendwo hinkommt, muss immer ein bestimmter Zyklus an Phasen durchlaufen werden, der damit zusammen hängt, wieviel vorab voneinander bekannt ist. Die anderen Menschen begegnen einem manchmal mit einem Vertrauensvorschuss, sowie man ihn selbst auch mitbringt.
Aber der muss sich durch gemeinsame Arbeit — und eben manche Worte — als beständig erweisen — und ausgebaut werden.
Da die Wahrheit über Worte anderen Menschen meist auch nur teilweise bewusst oder bekannt ist, glauben sie oftmals, was an Gerüchten oder Lügen verbreitet wird.
Das kann tragisch oder zumindest traurig sein. Denn unsere Erkenntnis, unsere Perspektive, hängt von unseren Erfahrungen und unserem Wissen ab.
Darum ist „das Neusein“ für mich ein eher relativ guter Zustand: Ich kenne Menschen in vielen Schattierungen.
Anderen kann es schwer fallen, meine Sichtweise nachzuvollziehen: Eine Möglichkeit ist, die eigenen Erfahrungen heran zu ziehen und mit beispielsweise 22 zu multiplizieren….
Menschenkenntnis kommt von ‚Menschen‘ und ‚kennen‘.
Video: Medizin-Kabarettist Dr. Eckart von Hirschhausen zum Thema „Freundschaft“ 🙂
Dem ist kaum etwas hinzuzufügen: Wir sind nicht alle gleich, als Menschen. Aber wir urteilen oft so, als wären wir es… Hier Arzt und Kabarettist Dr. Eckart von Hirschhausens kleine Geschichte zum Thema…
In der Bibel gibt es sie, im Leben genauso: Menschen, denen Prestige wichtiger ist, als die Wahrheit. Die alles tun, um sich im rechten Licht zu präsentieren – und die im Zweifel gnadenlos auf diejenigen losgehen, die ein wenig anders sind. Die nicht mit den Wölfen heulen, sondern manchmal wohl einfach echte ‚Lämmer‘ sind…
Wahrheitsliebe wird gepredigt, fromm danach genickt. Aber sie wird nicht gelebt.
„Nimm Dein Kreuz auf Dich und folge mir nach“ – es ist genau das, nämlich eine (christliche) Herausforderung, den guten Grundsätzen nachzufolgen.
Je nach Umfeld sind die Grundsätze aber eben nur für den ‚Hausgebrauch‘, für das Wochenende, den Feierabend gedacht.
Mut bedeutet eben auch, es trotzdem zu tun. Immer wieder. Denn es nützt nichts, wenn man es nicht tut: Am Ende eines Tages – oder wenn eines Tages das Ende kommt: Hauptsache gut und im Auge der Welt ‚reich‘ gelebt, dem ‚Mainstream‘ gefolgt?
Hauptsache, gut und mehr Freude tragend gelebt. Jeden Tag.
Es gibt nichts Gutes, außer man tut es. (Erich Kästner)
Was siehst du aber den Splitter im Auge deines Bruders, doch den Balken in deinem Auge nimmst du nicht wahr?
(Matthäus, 7,3; Jerusalemer Bibel, 1968, 9. Auflage, 1976)