Gib Alarm!
Gib Alarm
Sammle Deine Freunde
nicht
wenn die Hyänen heulen
nicht
wenn der Schakal Dich umkreist
oder
die Haushunde kläffen
nicht
wenn der Ochs unterm Joch
einen Fehltritt tut
oder der Muli am Göpel stolpert
Gib Alarm
Sammle deine Freunde
wenn die Karnickel die Zähne blecken
und ihren Blutdurst anmelden
Wenn die Spatzen Sturzflug üben
und zustoßen
Gib Alarm.
Heinrich Böll
Spaziergang nach einer Enttäuschung
Da hätte mich also wieder einmal
eine der hausschlachtenen Ohrfeigen ereilt,
die das eigens hierzu gegründete Schicksal
in beliebiger Windstärke und Zahl
an die Umstehenden gratis verteilt.
Na schön. Der Weg des Lebens ist wellig.
Man soll die Steigerungen nicht noch steigern.
Es war wieder mal eine Ohrfeige fällig.
Ich konnte die Annahme schlecht verweigern.
So ein Schlag ins vergnügte Gesicht
klingt für den, der ihn kriegt, natürlich sehr laut,
weil das Schicksal mit Liebe zur Sache zuhaut.
Tödlich sind diese Ohrfeigen hingegen nicht.
Der Mensch ist entsprechend gebaut.
Jedoch, wenn ich den See betrachte
und die schneeweiß bedeckten Berge daneben,
muß ich denken, was ich schon häufig dachte:
Diese Art Ohrfeigen brauchte es nicht zu geben.
Da rennt man nun die Natur entlang
und ist froh, daß man keinem begegnet.
Die Vögel verüben Chorgesang.
Die Sonne scheint im Überschwang.
Aber innen hat’s ziemlich geregnet.
Die Glockenblumen nicken verständig.
Eine Biene kratzt sich ernst hinterm Ohr.
Und der Wind und die Wellen spielen vierhändig
die Sonnenscheinsonate vor.
Das Schicksal wird mich noch öfter äffen
und schlagen, wie es mich heute schlug.
Vielleicht wird man wirklich durch Schaden klug?
Mich müssen noch viele Schläge treffen,
bevor mich der Schlag trifft! Und damit genug.
Erich Kästner (1899 – 1974)
aus Dr. Erich Kästners lyrische Hausapotheke,
Atrium Zürich, 1936